„Die Erbschaftsteuer muss maßvoll erhöht werden. Die zusätzlichen Einnahmen können in Kindergärten, Schulen, Hochschulen und der Weiterbildung gut gebraucht werden", erklärte Thöne. „Unser Bildungswesen ist dramatisch unterfinanziert. Was wir vielerorts erleben, ist Pfusch am Kind. Hoher Unterrichtsausfall, ungelernte Vertretungslehrer oder Ein-Euro-Jobber in Kindergärten. Eltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Wissenschaftler sie alle können ein Lied davon singen. In Zahlen ausgedrückt: Derzeit werden lediglich 4,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Deutschland aus öffentlichen Mitteln in das Bildungswesen investiert. Wollen wir wieder Anschluss an europäisches Spitzenniveau schaffen, müssten die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft auf sieben Prozent des BIP steigen", sagte der GEW-Vorsitzende.
Um dieses Ziel zu erreichen, sei der Staat dringend auf zusätzliche Einnahmen angewiesen. Im internationalen Vergleich würden hohe Vermögen und Erbschaften in Deutschland viel zu gering besteuert. Von 200 Milliarden Euro, die in Deutschland Jahr für Jahr vererbt werden, erhalte der Staat nur 3,8 Milliarden Euro. Von den rund 830.000 Nachlässen im vergangenen Jahr seien mehr als 80 Prozent am Finanzamt vorbei gegangen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt nehme Deutschland nur 0,19 Prozent aus der Erbschaftsteuer ein. Zum Vergleich: Die USA kassierten 0,26 Prozent, Frankreich sogar 0,52 Prozent des BIP aus der Erbschaftssteuer. „Für Erben ist Deutschland ein Niedrigsteuerland", unterstrich Thöne.
Der GEW-Vorsitzende hob hervor, dass auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jüngst die ungerechte Verteilung des Steueraufkommens in Deutschland kritisiert habe: „Weil Erbschaften vom Staat finanziell verschont werden, wächst die Belastung für kleine und mittlere Arbeitseinkommen weiter. Den Staat finanzieren bereits heute vor allem jene gut 29 Millionen Menschen in Deutschland, die Lohn- und Einkommensteuer zahlen. Die abhängig Beschäftigten werden für Kindergärten, Schulen und Hochschulen zur Kasse gebeten. Die Vermögenden bleiben weitgehend außen vor, obwohl auch sie die staatliche Infrastruktur nutzen. Diese Ungerechtigkeit müssen wir beenden."
Ulf Rödde